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Martina Zöllner zur Präsidentin der Vertrauensstelle Themis berufen

Die Delegiertenversammlung der Themis bestimmte in ihrer gestrigen Sitzung Martina Zöllner zur Präsidentin der Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt in der Kultur-, Musik- und Medienbranche. Damit hat die Themis nach dem Ausscheiden der langjährigen Vorständin Eva Hubert einen neuen, nunmehr zweiköpfigen Vorstand. Bereits im Juli war Maren Lansink, bis dahin Geschäftsführerin der Themis, zur Geschäftsführenden Vorständin berufen worden.

„Wir danken Eva Hubert für Ihre  hervorragende Arbeit als Vorständin der Themis. Ihr Engagement hat maßgeblich zum Erfolg der Themis beigetragen“, erklären die Mitglieder der Delegiertenversammlung. „Wir freuen uns, mit Martina Zöllner und Maren Lansink zwei sehr erfahrene Expertinnen für das Präsidium und den Vorstand der Themis gewonnen zu haben. Wir sind überzeugt, dass sie die Arbeit der unabhängigen Vertrauensstelle Themis weiter aktiv vorantreiben und ausgestalten werden. Wir freuen uns auf die künftige Zusammenarbeit,“ bekräftigen die Themis-Sektionsvertreter*innen.

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer erklärte: „Kultur und Medien müssen geschützte Räume sein – frei von Angst, Missbrauch und Diskriminierung. Insbesondere Frauen in der Kultur- und Medienbranche sollen sicher sein können, dass Machtstrukturen nicht zur Waffe werden. Deshalb ist die Arbeit der Themis nicht nur relevant, sie ist essenziell. Der anhaltende und stetig steigende Beratungsbedarf zeigt: Wir stehen immer noch am Anfang eines notwendigen Kulturwandels. Es freut mich, dass mit Martina Zöllner und Maren Lansink zwei Frauen für das Präsidium und den Vorstand der Themis gewonnen werden konnten, die mit ihrer Expertise und ihrem Engagement den Erfolg der Vertrauensstelle und den Kulturwandel mit Substanz weiter vorantreiben werden. Mein Haus steht fest an der Seite der Themis und ich bin froh, dass wir die Vertrauensstelle auch im kommenden Jahr weiter fördern können.“

Die Delegiertenversammlung der Themis vertritt die die Themis tragenden Brancheneinrichtungen der Kultur-, Musik- und Medienbranche, die in vier Sektionen unterteilt sind. Ihr gehören insgesamt acht Delegierte an, je zwei pro Sektion. Die Sektion Sendeanstalten vertreten Annette Baumbach-Goetze und Tim Steinhauer, die Arbeitnehmerverbände Matthias von Fintel und Bernhard F. Störkmann, die Arbeitgeberverbände Charlotte Sieben und Michelle Müntefering und die Sektion sonstige Branchenverbände Anne Leppin und Heide Schwochow.

Martina Zöllner tritt ihr Amt mit sofortiger Wirkung an. „Wer am Arbeitsplatz sexuelle Belästigung erfährt, sei es verbal oder physisch, gerät oft in schwierige Dilemmata. Und die Kultur- und Kreativbranche hat ihre Besonderheiten, weil, wo kreativ zusammengearbeitet wird, nicht nur die üblichen Abhängigkeiten im Arbeitskontext bestehen, sondern immer auch Gefühle eine Rolle spielen. Ich halte es für wichtig, dass es eine unabhängige Vertrauensstelle gibt, an die Menschen dieser Branche sich wenden können, wenn sie Grenzverletzungen oder Belästigungen erfahren haben und gehe daher sehr gerne in die Verantwortung,“ kommentiert sie ihre Berufung.


Maren Lansink ergänzt: „Die Themis begleitet mich seit ihrer Gründung, und ich bin stolz und glücklich, von Anfang an die Entwicklung der Vertrauensstelle mitgestaltet zu haben. Die Rolle als geschäftsführende Vorständin ist mir ein Herzensanliegen und ein logischer nächster Schritt für mich. Gemeinsam mit Martina Zöllner und unserem engagierten Team möchte ich den Kulturwandel in der Kreativbranche weiter voranbringen, unsere wichtige Arbeit fortsetzen und die Zukunft der Themis Vertrauensstelle aktiv gestalten.“


Martina Zöllner, studierte Germanistin und Anglistin, arbeitete als freie Kulturjournalistin, bevor sie 1998 die Leitung der SWR-Redaktion Kulturdokumentationen übernahm, später der Redaktion Dokumentarfilm. 2011 wurde sie SWR-Kulturchefin, 2013 Leiterin des Bereichs „Film und Kultur. 2017 wechselte sie zum RBB, um den Programmbereich „Dokumentation und Fiktion“ zu übernehmen, ab 2021 verantwortete sie das gesamte RBB-Kulturprogramm. Martina Zöllner initiierte und verantwortete zahlreiche preisgekrönte dokumentarische und fiktionale Produktionen für Fernsehen und Kino und unterstützte die filmische Nachwuchsarbeit. Nach der sogenannten RBB-Krise wurde sie 2023 RBB-Programmdirektorin. Martina Zöllner ist Grimme-Preisträgerin und dreifache Trägerin des Deutschen Fernsehpreises. 2024 entschied sie sich, den RBB zu verlassen und arbeitet seither als freie Autorin, Projektentwicklerin und Dramaturgin. Sie lebt in Berlin.


Maren Lansink studierte Rechtswissenschaften und Verwaltungswissenschaften und arbeitete nach dem Studium bei einem großen Kommunalverband in NRW in unterschiedlichen Positionen, u.a. als stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte. 2011 folgte der Wechsel in die Filmbranche als Assistentin der Produzentin Doris Zander und Justiziarin zur Aspekt Telefilm Produktion GmbH. Seit Gründung der Themis Vertrauensstelle im Oktober 2018 war sie zunächst juristische Beraterin bei der Themis, ab 1. November 2022 dann Geschäftsführerin. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen im Arbeitsrecht und Antidiskriminierungsrecht mit ausgewiesener Expertise im Bereich sexuelle Belästigung und Gewalt.

Themis Vertrauensstelle mit steigendem Beratungsbedarf

Die Daten und Zahlen aus 2023 und für die ersten Monate 2024 zeigen einen deutlich gestiegenen Beratungsbedarf bei der Themis, der unabhängigen und überbetrieblichen Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt in der Kultur-, Medien- und Musikbranche. Dieser Beratungsbedarf besteht dabei sowohl bei Betroffenen und Zeug:innen als auch bei Arbeitgebenden.
 
Im Jahr 2023 konnte die Vertrauensstelle die höchste Zahl an Beratungsanfragen in den inzwischen über fünf Jahren ihres Bestehens verzeichnen. Insgesamt führten die Beraterinnen der Themis 884 Beratungen (324 psychologische und 560 juristische) durch, darunter 132 teils anonyme Erstberatungen, 561 Folgeberatungen, 98 Verweisberatungen und 93 Beratungen zu Präventionsmaßnahmen. Im Schnitt führten die Beraterinnen der Themis 74 Beratungsgespräche pro Monat. Am häufigsten wurden mit 547 Personen Betroffene und Zeug:innen beraten, gefolgt von 282 Arbeitgebenden und 55 Personen, die weder der einen, noch der anderen Gruppe zugeordnet werden.
 
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der Beratungen damit verdoppelt – 2022: 434 Beratungen mit 158 Neufällen. 
 
Eva Hubert, Vorständin der Themis: „Die vielen Fälle von sexualisierter Belästigung und Gewalt, die uns zugetragen werden, sind natürlich immens traurig. Auf der anderen Seite deuten die steigenden Beratungszahlen darauf hin, dass die Bekanntheit und das Vertrauen der Branche in unsere Angebote wachsen. Sicher spielt auch eine Rolle, dass die Themis seit 2022 auch die Musikbranche erfasst. Insgesamt kann deshalb von den steigenden Beratungs- und Präventionszahlen 2023 auch nicht automatisch auf eine Zunahme der tatsächlich stattgefunden Vorfälle sexueller Belästigung und Gewalt geschlossen werden. Die Zahlen könnten möglicherweise auch als die ersten nachhaltigen Auswirkungen eines beginnenden Kulturwandels innerhalb der Branche zu verstehen sein.“
 
Maren Lansink, Geschäftsführerin und eine der juristischen Beraterinnen der Themis ergänzt: „Die Anzahl der Beratungen von Unternehmen sowie die Nachfrage nach Präventionsangeboten seitens der Arbeitgebenden lassen eine positive Tendenz erkennen. Führungsverantwortliche suchen verstärkt proaktiv Beratung zu den Themen Belästigung und Gewalt sowie deren Prävention. Gegenüber 2022 konnte die Anzahl der angebotenen Webinare verdreifacht werden. Außerdem begleiteten Juristinnen der Vertrauensstelle im Jahr 2023 so viele formale Beschwerdeprozesse nach dem Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wie nie zuvor. Dies deuten wir als größere Bereitschaft Ratsuchender, ihre Rechte auch durchzusetzen. Dabei zeigten sich die Unternehmen in der Regel bereit und motiviert, konstruktiv mit den ihnen zufallenden Aufgaben innerhalb des Beschwerdeprozesses umzugehen.“

Bei den 132 Erstberatungen 2023 ging es in 73 Fällen um körperliche sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz, dabei wurde etwas weniger als einmal im Monat zu einer schweren sexualisierten Gewalt wie Nötigung oder Vergewaltigung beraten. 50 der Erstberatungen bezogen sich auf sexuelle Belästigungen und Gewalt die verbal, non-verbal oder digital erfolgten.
 
Wie bereits in den vorherigen Beratungsjahren meldeten sich auch 2023 in aller Regel Frauen als Betroffene sexualisierter Belästigung und Gewalt – 115 von 132 Erstberatungen. 9 Betroffene waren Männer, 6 divers (2 unbekannt). Als Beschuldigte wurden dagegen 127 Männer genannt und nur 3 Frauen (2 unbekannt).
 
Die kontinuierliche Nachfrage bleibt auch 2024 auf hohem Niveau. Von Januar 2024 bis einschließlich Mai 2024 kam es bereits zu 384 Beratungen, davon über 50 Erstberatungen, wobei bereits zu 10 Fällen schwerer sexualisierter Gewalt beraten wurde.
 
www.themis-vertrauensstelle.de