Zum 35. Mal zeichnete der Arthouse-Kinoverband AG Kino – Gilde e.V. den aus Sicht der Jury besten Film im internationalen Wettbewerb der Berlinale mit dem Gilde Filmpreis aus. Außerdem zeichneten junge Kinomacher:innen aus der AG Kino – Gilde in der Jury ‚Cinema Vision 14plus‘ ihren Favoritenfilm in der Sektion Generation 14plus aus.
Der Internationale Arthouse-Verband CICAE vergab ergänzend dazu die Arthouse Cinema Awards an die besten Filme in den Berlinale-Sektionen Panorama und Forum.
Als bester Film im Wettbewerb wurde mit dem Gilde Filmpreis ausgezeichnet:
Drømmer
von Dag Johan Haugerud (Regie, Buch)
Norwegen 2024
im Verleih von Alamode Filmdistribution oHG
Bundesweiter Kinostart: 8. Mai 2025
Begründung der Jury: Ein Zauber wohnt allem inne: der ersten Liebe, dem bebenden Kribbeln, der unstillbaren Sehnsucht – und der stimmungsvollen Annäherung an jene Gefühle durch dieses sinnliche und leichtfüßige Filmwerk aus Norwegen. Quereinsteigerin und Künstlerin Johanna wird im Unterricht zur Projektionsfläche für die Gefühle und Träume der 17jährigen Johanne. Mit intimen Aufzeichnungen möchte sie sich immer an diese Liebe erinnern und eine möglicherweise irritierende Erfahrung verarbeiten. Ganz allein gelingt ihr dies jedoch nicht und so gibt sie den Text ihrer schriftstellernden Großmutter, die ihn an die Mutter weitergibt. Alle drei – toll gespielten Frauenfiguren – werden durch den Text der Jüngsten mit eigenen Wünschen und Sehnsüchten konfrontiert. Vielschichtig und komplex sortiert der warmherzig melancholische und toll erzählte Film die sich verändernden Gefühlslagen der Frauen aus drei Generationen immer wieder neu.
Eine lobende Erwähnung der Jury geht an:
WAS MARIELLE WEISS
von Frédéric Hambalek
Deutschland 2025
im Verleih von DCM Film Distribution
Bundesweiter Kinostart: 17. April 2025
Begründung der Jury: Was, wenn ein Kind plötzlich telepathische Fähigkeiten entwickelt und alle Erlebnisse der Eltern miterlebt? Dieses geniale Ideenexperiment in einem wunderbar unterhaltsamen Werk mit tollen Dialogen – beginnend bereits im ersten Gespräch – entlarvt die Alltagsschwindeleien eines gut situierten Elternpaares: Von nun an versuchen Julia Jentsch und Felix Kramer als Eltern ihr bestes Ego für ihr Kind zu leben. Doch ist die unerbittliche Wahrheit immer von Vorteil? Für die neuerdings allwissende Marielle ist ihre Fähigkeit eine Belastung: plötzlich aus der Kindheit katapultiert, muss sie mit dem neuen Blick auf die fehlbaren Eltern zurechtkommen. Der Film ist ein Füllwerk an Ideen und Gedankenspielen, nicht alle werden zu Ende gebracht. So bietet dieser vielversprechende Erstlingsfilm ein Angebot an die Zuschauenden sich mit eigenen Lebens- und Beziehungsfragen zu beschäftigen.
Die Jury ‚Cinema Vision 14plus‘ zeichnete in der Sektion Generation 14plus aus:
PATERNAL LEAVE
von Alissa Jung
Deutschland/Italien 2024
im Verleih von Eksystent
Begründung der Jury: Mit dem Film stolpern wir in die Handlung, wie in einen Wald. Uns schlagen Emotionen und Fragen wie die Äste ins Gesicht. Gefühle kochen über, wir kommen ins Stolpern und Stürzen. Und dann ist da dieser Film, dieser junge Mensch, der uns in den Arm nimmt und unsere Kratzer küsst.
Wie ein Mosaik aus tausend tragenden Storylines ergibt sich, Frame für Frame, eine Geschichte, die das Publikum auf eine Achterbahnfahrt durch komplexe Beziehungen mitnimmt. In der tröstenden Landschaft gibt der Film sowohl den Charakteren als auch dem Publikum den nötigen Kosmos alle Emotionen zu fühlen, zu verstehen und zuzulassen. Und so treffen uns die einzelnen Geschichten mit aller Wucht, sie schwappen wie Wellen über die Leinwand, sodass das Publikum geradezu mitfühlen und reagieren muss. Am Ende wühlt er auf, wirkt nach und wir ringen damit in Worte zu fassen, was der Film alles in uns auslöst. Vielen Dank an Alissa Jung, die mit PATERNAL LEAVE unsere Herzen gebrochen, geheilt und gewonnen hat. Wir freuen uns diese außergewöhnliche Geschichte auf unseren Leinwänden zu präsentieren.
Eine lobende Erwähnung der Jury geht an:
TÊTES BRULÉES
von Maja-Ajmia Yde Zellama
Belgien 2025
Begründung der Jury: An dieser Stelle möchten wir eine lobende Erwähnung aussprechen für einen Film, der eines der universellsten Themen mit sehr individuellen Nuancen zeigt: den Verlust eines geliebten Menschen. Wir begleiten eine zärtliche und intime Darstellung einer Gemeinschaft, die zusammen trauert und besonderen Halt im Miteinander findet. Wir bewegen uns in zeitlich und physisch engen Räumen, die jede Menge Platz lassen für große Emotionen, in denen man immer wieder von dieser engen Gemeinschaft aufgefangen wird, die uns auf diese Art auf der Leinwand noch nicht so oft begegnet ist. Unsere lobende Erzählung gilt daher TÊTES BRÛLÉES. Vielen Dank an die Regisseurin Maja-Ajmia Yde Zellama für diesen wunderschönen Film.
Als bester Film im Panorama zeichnete die CICAE Panorama Jury aus:
SORDA | DEAF
von Eva Libertad (Regie, Buch)
Spanien 2025
Begründung der Jury: The CICAE Arthouse Cinema Award in the Panorama section goes to Sorda (Deaf) by Eva Libertad. A powerful and emotionally resonant exploration of identity, love, motherhood, and the unspoken challenges of navigating in a world that often fails to listen. Rather than making a statement about deafness, the film immerses us in the lives of its characters portrayed not by limitation but driven by strength and ambitions. With deeply intimate cinematography, sound design as an extension of perspective, it masterfully captures the nuances of both the deaf and hearing worlds—seeking connection while acknowledging the tensions that arise. Through raw performances and deeply human storytelling, Sorda transcends boundaries, delivering a sensitive and profoundly moving cinematic experience.
Als bester Film im Forum erhielt den CICAE Arthouse Cinema Award:
WENN DU ANGST HAST NIMMST DU DEIN HERZ IN DEN MUND UND LÄCHELST
von Marie Luise Lehner (Regie, Buch)
Österreich 2025
Begründung der Jury: The three of us feel we were given a warm embrace by a very open, frivolous and non-judgemental film that does not put its characters into boxes, but rather lets them openly express themselves. WENN DU ANGST HAST NIMMST DU DEIN HERZ IN DEN MUND UND LÄCHELST just might be a new catch phrase for the three of us. It is a rich, complex and rewarding film from a new voice. Marie Luise Lehner has made a remarkable artistic achievement, tackling a lot of timely social issues with a diverse cast of characters, allowing and empowering us to be ourselves. But above all, we had a wonderful time with this film, and we sincerely hope it will reach the broadest of audiences.
Die Jurys:
Gilde Filmpreis Jury für den Wettbewerb der Berlinale 2025:
Claudia Dostal (Yorck Kinogruppe, Berlin)
Diana Linz (Lichtspiel Kino & Café, Bamberg)
Carla Molino (Il Kino, Berlin)
Jury Cinema Vision 14plus:
Nadine Melzer (Scala Kino, Leverkusen)
Nico Zeiler (Cinema & Kurbelkiste, Münster)
Magda Kokolashvili (Scala Programmkino, Lüneburg)
CICAE Jury für das Panorama:
Panos Achtsioglou (Thessaloniki International Film Festival – Griechenland)
Laura Bartusevičiūtė (Cinema Skalvija, Vilnius, Litauen)
Samira Zaibat (Jolifanto asbl, Forest, Belgien)
CICAE Jury für das Forum:
Juliette Duret (Centre for Fine Arts – BOZAR, Brüssel, Belgien)
Marlene Hofmann (Filmkunsttheater Casablanca, Nürnberg)
Jure Matičič (Mestni kino Domžale, Domžale, Slowenien)