28. August 2013

M100 Sanssouci Colloquium

News

26.08.2013 „Die gewaltsamen Räumungen waren für mich der Wendepunkt“/ M100 Media Award 2013 an den „Standing Man“ vom Taksim Platz/ Der türkische Tänzer und Choreograph Erdem Gündüz wurde zur Ikone der Proteste in Istanbul und fand weltweit Nachahmer

Der diesjährige M100 Media Award wird an den türkischen Tänzer und Choreographen Erdem Gündüz verliehen. Der undotierte Preis wird zum Abschluss der internationalen Medienkonferenz M100 Sanssouci Colloquium am Abend des 5. September im Raffaelsaal in Potsdam-Sanssouci verliehen. (Akkreditierungsformular für PK und Preisverleihung anbei).

Der 34-Jährige Gündüz wurde durch seine Aktion „stehender Mann“ (türk. Duran Adam) weltweit bekannt, als er zwischen Juni und Juli vier Wochen lang jeden Tag stundenlang auf dem Taksim Platz stand und das Porträt von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk anblickte. Mit seinem stillen Protest wurde er zur Ikone des friedlichen Widerstandes und fand weltweit Nachahmer. Gündüz wird vom M100-Beirat für sein mutiges Engagement für freie Meinungsäußerung und Menschenrechte ausgezeichnet.

Gündüz begann seinen Protest am 17. Juni, nachdem die Polizei zwei Tage zuvor den Gezi-Park in Istanbul zum zweiten Mal gewaltsam von Demonstranten geräumt hatte. „Einige Leute starben während der Kundgebungen“, sagt er. „Was im Gezi-Park geschah war für mich der Wendepunkt und ich wusste, dass ich da mitmachen muss.“ Sein erster stiller Protest dauerte acht Stunden; nach fünf Stunden wurde seine Performance von einer großen Anzahl von Menschen bemerkt. Zuerst versuchten Polizisten in Zivil, ihn zu überzeugen, seine Performance zu beenden, dann folgten Demonstranten und Aktivisten seinem Beispiel und schlossen sich ihm spontan an. Sie agierten völlig autonom. In den folgenden Tagen standen viele Menschen in anderen türkischen Städten und in anderen Ländern still, um ihre Enttäuschung und Solidarität auszudrücken.

„Durch die Auszeichnung von Erdem Gündüz mit dem M100 Media Award wird auch in diesem Jahr wieder ein klares Zeichen gesetzt, dass gewaltfreier friedlicher Widerstand funktioniert. Seine Waffe heißt Kreativität. Seine Markenzeichen sind Mut und Ausdauer. Und all das braucht man auch, wenn man für freie Meinungsäußerung und die Menschenrechte eintritt,“ so Jann Jakobs, Oberbürgermeister von Potsdam und Vorsitzender des M100-Beirats.

„Die Berichterstattung über die Gezi-Proteste in Istanbul hat gezeigt, wie groß der Druck auf Journalisten in der Türkei ist, Kritik an der Regierung aus Rücksicht auf die unternehmerischen Aktivitäten der Medieneigentümer unter den Teppich zu kehren“, so Michael Rediske, Vorstandssprecher von Reporter ohne Grenzen. „Mit seiner spektakulären Aktion auf dem Taksim-Platz hat Erdem Gündüz demonstriert, dass selbst ein einzelner Mensch ein Zeichen für die Meinungsfreiheit setzen kann.“

Wenzel Michalski, Deutschland-Direktor von Human Rights Watch: „Erdem Gündüz‘ schweigender Protest auf dem Taksim-Platz wurde zum Symbol für das Recht auf friedlichen Protest im Angesicht des brutalen Vorgehens der türkischen Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten im Gezi-Park. Human Rights Watch dokumentierte über Wochen, wie die Polizei mit äußerster Härte versuchte, die Proteste niederzuschlagen, welche die Türkei seit Ende Mai erschütterten. Die Rechte auf friedliche Versammlung und freie Meinungsäußerung sind grundlegende Menschenrechte, die in der Türkei aktuell gefährdet sind. Vor diesem Hintergrund freuen wir uns sehr, dass Gündüz für sein Engagement mit dem M100 Media Award ausgezeichnet wird.“

Erdem Gündüz wurde 1979 in Ankara geboren und absolvierte 2007 sein Studium an der Fakultät für Kunst und Design im Bereich Musik und darstellende Kunst an der Technischen Universität Y?ld?z. Er studierte Schauspielkunst und ist unter anderem Gründer des Tanztheaters der Universität der Ägäis. Zurzeit beendet er sein Master-Studium im Bereich Darstellende Künste an der Mimar Sinan Universität der schönen Künste.

Der M100 Media Award wird jedes Jahr an eine Persönlichkeit vergeben, die durch ihr Schaffen in Europa und der Welt Spuren hinterlassen hat. Die Auszeichnung steht für Verdienste um den Schutz der freien Meinungsäußerung und die Vertiefung der Demokratie sowie für besondere Leistungen um die europäische Verständigung und Kommunikation. Der diesjährige Preisträger wird in Kürze bekannt gegeben.

Bisherige Preisträger sind: Lord Norman Foster, Architekt (2005), Dr. Bernard Kouchner, Gründer der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ und französischer Außenminister (2006), Bob Geldof KBE, Musiker, Afrika-Aktivist und Gründer von Live AID (2007), Ingrid Betancourt, franko-kolumbianische Politikerin (2008), Hans-Dietrich Genscher, ehemaliger Deutscher Außenminister (2009), Kurt Westergaard, dänischer Karikaturist (2010) , Michael Anti, chinesischer Journalist und Blogger (2011) und Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (2012).

Zuvor findet – ebenfalls im Raffaelsaal – eine hochkarätige und live gestreamte Debatte zum Thema „Are the Media destroying Europe?“ statt (15.00 bis 17.00 Uhr). Auf dem Podium diskutieren Anna Diamantopoulou (Griechenland), Simon Jenkins (Großbritannien), Tomasz Lis (Polen), Annalisa Piras (Italien), Ines Pohl (Deutschland) und Xavier Vidal-Folch (Spanien). Moderiert wird die Debatte von Tim Sebastian (Großbritannien).

Weitere Informationen: www.m100potsdam.org

M100 ist eine Initiative der Landeshauptstadt Potsdam und des Vereins Potsdam Media International e.V. und findet im Rahmen der Medienwoche@IFA statt.

Gefördert wird die diesjährige Veranstaltung vom Medienboard Berlin-Brandenburg, dem Auswärtigen Amt, der Bundeszentrale für politische Bildung und der ZEIT-Stiftung.

Kooperationspartner sind AFP, Axel Springer Akademie, Deutsche Welle, European Council on Foreign Relations, European Youth Press, Human Rights Watch, Intajour, Institut für Medien- und Kommunikationspolitik, Land Brandenburg, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Reporter ohne Grenzen sowie Zukunftsort Europa.

Medienpartner ist Die Welt.

Copyright Foto (c) AFP

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